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Geld Geld Geld – nehme ich meines oder deines?

Geld oder kein Geld – das ist hier die Frage. Nein, genauer gesagt ist die Frage die sich jeder Gründer am Anfang stellt: Wie finanziere ich meine Idee eigentlich? Und aus meiner Erfahrung als VC weiß ich, dass dies die wesentliche Frage der meisten Gründer ist.

Fremdes Geld bringt einem strategische Vorteile

Ich kenne wenige (große) Startups der letzten Jahre, welche ohne externes Kapital ausgekommen sind. Liegt das daran, dass die Gründer kein Geld hatten? Nein, sondern an der Strategie und Dynamik des Markets. Im Internet sind inzwischen Ideen sehr schnell umsetzbar. Um diese also zu schützen, bedarf es der strategischen Investition um einen Markt „dicht“ zu machen. Das beste Beispiel sind Lieferheld und Zalando, die mit viel Geld darum kämpfen, soviele Marktanteile wie möglich zu gewinnen. Gehört einem erstmal die Mehrheit des Markets, dann werden die Marketingausgaben gedrosselt und Gewinne abgeschöpft. Daher möchte ich gar nicht gegen Venture Capital oder andere Finanzierungen sprechen. Eher im Gegenteil, diese sind oft sehr wichtig und hilfreich. Mir geht es heute darum, dass jeder Gründer sich für entscheiden sollte, wie er seine Firma führen möchte.

Ein Investment dient nicht zur eigenen Existenzabsicherung

Die erste Möglichkeit ist also, man hat eine Idee, erstellt eine Präsentation und läuft zum Investor. Wie man dabei vorgeht, habe ich in anderen Beiträgen beschrieben. Dabei sind mir in den Jahren 2 Gruppen von Gründern aufgefallen. Die einen hatten eine Idee, doch kein Konzept, kaum Erfahrung und Angst. Angst ihr eigenes Geld zu investieren. Angst Risiken einzugehen. In mehr als 99% haben diese Gründer auch kein Geld bekommen. Und meistens ist aus einer Idee nie mehr geworden. Man geht also nicht zu einem Investor, weil man Angst hat etwas zu riskieren. Ein Gründer sagte zur mit: „Wenn ihr uns Geld gebt, dann kündigen wir unsere Jobs und arbeiten.“ Ich sagte: „Erst kündigt ihr eure Jobs, dann reden wir über Geld.“ Ich möchte doch niemanden anstellen als Gründer. Es geht bei einem Investment nicht um persönliche Risikoabsicherung der Gründer. Wer so denkt, der ist falsch.

Exzellente Teams bekommen Geld basierend auf einer Idee

Die zweite Art von Gründern die Anfangs mit einer Idee zum VC kommen, die wissen ganz genau, was sie wollen. Sie haben es bereits mehrmals gemacht und können sagen, wofür sie Kapital brauchen. Für Wachstum. Speed. Beschleunigung. Rocket oder Team Europe sammeln oft Millionenbeiträge ein, bevor es überhaupt eine geschriebene Zeile Code gibt. Einfach weil die Teams exzellent sind und Geld benötigt wird um die Ressourcen einzukaufen. Ressourcen sind also Senior CxOs (High Level Angestellte, die keine Gründer sind, jedoch unternehmerisch arbeiten wollen). Tech Teams, die das Produkt bauen können (und wir wissen, dass ein CTO bis zu 15.000€ im Monat kosten kann). Geld, damit ein großes Büro gemietet wird, die Strukturen sauber gebaut werden und keine Minute an wertvoller Zeit verloren wird. In dem Moment wo die Idee feststeht, das Kernteam sich zusammenfindet, zählt jeder Tag für Erfolg der Firma.

Geld zu bekommen ist selber noch kein Erfolg

Wer also ein Top Team hat und weiß, dass die (strategische) Uhr tickt. Der kann auch von Anfang an Geld einsammeln. Ecommerce und Leadgeneration sind dafür klassische Geschäftsmodelle (schaut auch z.b. hundeland an). Leider stelle ich fest, dass heute viele Startups bereits Pressemitteilungen rausgeben nur für den Tatbestand, dass es Geld gab. Hallo? Ist das eine Leistung? Ich dachte Wachstum, Kunden, Erfolg sind Leistungen. Geld auf dem Konto zu haben (was ein Vertrauensvorschuss der Investoren ist), ist in meinen Augen keine. Daher mag ich persönlich Startups, die Geld bekommen, die Klappe halten und dann zeigen, was sie großartiges erreichen können.

Doch brauchst du am Anfang bereits das Geld?

Doch was ist mit der zweiten Möglichkeit? Ich nenne diese mal Bootstrapping. Bedeutet, erst anfangen, beweisen, lernen und dann gegebenenfalls Geld einsammeln. Ich habe mich mit meinen Mitgründer für diesen Weg entschieden. Es ging weniger darum, dass wir kein Geld bekommen könnten. In Berlin gibt es immer Geld für gute Ideen. Das ist etwas wunderbares an der Szene. Doch wollte ich nicht anfangen Geld auszugeben, was nicht uns gehört. Besonders, wofür? Wir haben anfangs halt alles selber gemacht (Design, Programmierung, Konzept, Verträge). Für die ersten 6 Monate brauchte ich nur ein Tausend Euro für Notar, Google Adwords und ein paar Freelancer. Wenn ein Gründer diese nicht selber aufbringen kann, dann hat er vorher etwas falsch gemacht. Sorry, aber ich erwarte, dass eine Person Mitte 20 in der Lage ist, etwas Geld zur Seite zu legen. Immerhin wird man nicht an einem Tag zum Unternehmen, sondern ist ein längerer Prozess. Und eine Person Mitte 30 sollte auch mal in der Lage sein, 6-12 Monate ohne Gehalt zu leben. Irgendwelche Opfer muss man für den Erfolg seiner Firma doch bringen.

Jedenfalls haben wir uns entschieden erstmal alles selber zu bezahlen. Und ich gebe zu, es ist nicht leicht. Man wird sehr kreativ, wie man doch alles schafft (Büro, erste Mitarbeiter, usw). Wieso mache ich es also? Nun, ich gebe lieber mein eigenes Geld aus, als das Anderer. So bin ich sparsamer und investiere nur in Dinge, die ich 100% unterstütze. Zudem ist unser Team so kreativer und reduziert Ausgaben auf das notwendigste. Es gibt kein tolles Büro, keine Tshirts, keine Empfangsdame – stattdessen haben wir die ersten Monate im Wohnzimmer gearbeitet, unseren Freundeskreis und Familie eingespannt. Die Freundin betreut Twitter, eine Bekannte macht PR, ein Kollege den Vertrieb, und notfalls bringt man sich selber etwas Tech bei.

Langsam merken wir natürlich, dass die Mittel begrenzt sind. Inzwischen ist unser Team auf gut 12 Leute gewachsen und nicht alle sind mit Shares zufrieden. Unser Startup fängt jetzt gerade die spannende Zeit des Wachstums an (nachdem wir die ersten Monate nur entwickelt und getestet haben). Unser Traffik ist um 10x fache gestiegen in den letzten Wochen, SEO und social schlagen an, wir stellen im Vertrieb ein und sprechen mit hunderten Kunden. Ich bin voller Freude, wie es sich gerade entwickelt. Der Proof of concept näher sich und damit dann auch der Entscheidungspunkt: Tempo drosseln und organisch wachsen – oder überlegen, ob externes Geld nicht doch Vorteile bringt.

Ist heute eher ein Monolog geworden. Ein Wust an Gedanken. Eigentlich, worum es in einem Blog auch geht. Ich denke, es ist einfach eine persönliche Entscheidung die man treffen muss. Wie viel seiner Seele möchte man abgeben für den Erfolg der Firma. Alles hat seinen Preis.

Interessant?