Vor einigen Wochen habe ich angefangen für fachliche Themen zu schreiben: Hier über Term Sheets und hier mehr über Liquidation Preferences.
Heute würde ich gerne auf das Thema Vesting näher eingehen. Es wird relevant für Gründer, welche Venture Capital erhalten oder für die ersten Mitarbeiten, welche in einem Startup anfangen. Es gib einfach ein paar Dinge zu beachten.
Vesting ist der temporäre Entzug eurer Anteile
Nehmen wir an, ihr bekommt VC Geld. Dann könnte im Term Sheet stehen, dass die Gründer ein 4 Jahres Vesting mit einem 1 Jahres Cliff bekommen.
Was genau ist also Vesting? Es kann eine Option (oft für Mitarbeiter) auf Anteile sein, oder es ist der temporäre Entzug von Anteilen (oft der Gründer). VCs (und andere Investoren) machen dies, weil sie sicherstellen wollen, dass der Gründer nicht einfach kündigt oder abhaut. Stellt euch vor, der Gründer begeht Bilanzbetrug und dies kostet die Firma eine Menge Geld. Jetzt würde man ihn rausschmeissen (berechtigt) und er behält trotzdem seine Anteile. Um so etwas zu verhindern schreibt man Vesting in die Verträge. Der Gründer bekommt also erst 100% seiner Anteile, wenn er auch seine Arbeit (meistens 4 Jahre) absolviert hat. Geht er vorher, bekommt er weniger. Wird er gekündigt, bekommt er gar nichts.
Wenn wir also von einem vierjährigen Vesting reden, dann bekommt ihr eure Anteile auf 4 Jahre ausbezahlt. Meistens 25% pro Jahr, oft anteilig pro Monat. Bleibt ihr 4 Jahre (als Gründer oder Mitarbeiter), gehören euch alle Anteile wieder. Geht ihr vorher, behaltet ihr die Anzahl an Anteilen, welche euch zeitlich zustehen (‚Good Leaver Event‘). Werdet ihr (berechtigt) gekündigt, dann könntet ihr sogar alle Anteile verlieren (‚Bad Leaver Event‘).
Achtet auf ‚Bad Leaver‘ und ‚Good Leaver‘ Events
Gerade mit den Kündigungen ist schon schwierig. Achtet also genau auf die Verträge, was unter einem ‚Bad Leaver Event‘ beschrieben wird. Keiner von euch sollte seine Firma verlieren, weil er leicht fahrlässige Fehler macht. Grobe Fahrlässigkeit (z.B. Betrug, Bestechung etc.) ist da eindeutiger.
Cliff ist wiederum die Zeit, in der ihre gar keine Anteile übertragen bekommt. Marktstandard ist meistens ein Jahr. Während dieses Jahres könnt ihr also die Firma verlassen (oder verlassen werden) und erhaltet keine Anteile dafür. Sobald der Cliff rum ist, fängt euer Vesting an. Hier ist zu empfehlen, dass man den Cliff kurz hält oder den %-Satz an Anteilen, die man bekommt, wenn der Cliff vorbei ist, nach oben schraubt.
Ebenso ist es möglich, dass ihr ein ‚Accelerated Vesting‘ verlangt. Dies bedeutet, dass im Falle eines Verkaufes der Firma, ihr eure Anteile sofort vollständig bekommt. Wenn ihr dies nicht habt, dann werdet ihr mitverkauft, oder eure noch ungevesteten Anteile (die Anteile, die ihr nicht bekommen habt bisher), gehen auf den neuen Besitzer über. Und hier gibt es die verschiedensten Fälle. Es gibt den Kauf der Firma und die neuen Besitzer wollen das Management übernehmen. Oder die neuen Chefs schmeißen euch raus. Nicht schlimm, nur eure Anteile solltet ihr besser mitnehmen.
Ich empfehle einen 6 Monats Cliff + 2-3 Jahre Accelerated Vesting
Meine Empfehlung an euch ist folgende: Wenn ihr Gründer seit, rechnet damit, dass ihr eure Anteile vesten müsst. Nicht kritisch, denn ihr wollte ja nicht euer eigenes Startup morgen schon verlassen. Versucht aber den Cliff auf 6 Monate zu reduzieren und die Vestingphase vielleicht auf 2-3 Jahre. Macht dies abhängig von der Geldmenge. Je mehr Geld, desto länger euer Vesting. Und verlangt ein Accelerated Vesting. Ich denke, jedem Gründer steht dies zu.
Mitarbeitern würde ich eher Optionen anbieten, keine eigentlichen Anteile. So oder so, ein Vesting hilft euch, dass ihr Mitarbeiter inzentiveren könnt, und gleichzeitig das finanzielle Risiko reduziert. Wenn euer Mitarbeiter seine Leistung nicht bringt, dann raus mit ihm. Idealerweise während seines einjährigen Cliffs. Und wenn er/sie gut ist, dann bleibt alles wie gehabt.
Bespreche Vesting auch mit deinen Mitgründern
Allgemein habe ich einige Startups kennen gelernt, wo sich Gründer gestritten hatten. Jemand verlässt die Firma und nimmt seine ganzen Anteile mit. Was ist wenn es 50% sind? Ohne Vesting gibt es keine Reglungen. Gerade in jungen Unternehmen, kann dies ein Genickbruch bedeuten, oder ungewollte Komplikationen. Gerade so etwas besser vorher besprechen. Sprich mit deinem Mitgründer und geht den Fall durch, dass er die Firma verlassen würde (wegen neuem Job, andere Perspektive, Strategiewechsel oder anderes Projekt). Soll er die Anteile behalten, verlieren oder verkaufen?
Hier noch ein paar Definitionen
Vesting: Jährliche Übertragung von Anteilen auf den eigentlichen Besitzer.
Cliff: Zeitpunkt, ab wann die Übertragung anfängt.
Good Leaver Event: Verlassen des Startups ohne Verlust der Anteile.
Bad Leaver Event: Verlassen des Startups mit Verlust der Anteile.
Accelerated Vesting: Sofortige Übertragung aller Anteile im Falle eines Besitzerwechsels des Unternehmens.