Liquidation Preference oder gar Participating Liquidation Preference! Bahnhof oder Notwendigkeit? Jeder Gründer sollte wissen, was mit seinem Geld passiert, wenn die Firma eines Tages verkauft wird. Die Entscheidung dafür trefft ihr manchmal Jahre vorher.
Ich habe letzte Woche mit meinem ersten Beitrag der Venture Capital Basics angefangen. Entlang eines Termsheets möchte ich nach und nach die wichtigsten Elemente erklären, welche jeder Gründer kennen sollte. Heute geht es also um Liquidationsverteilungspräferenzen (nennen wir es einfach Liq Pref oder Liquidation Preference). Wofür braucht man diese? Nun, eine Liq Pref regelt, wer wie viel Geld im Falle eines Verkaufs/Auflösung bekommt. Denn dies ist nicht immer analog zu den Anteilen, die ihr haltet.
Warum braucht ein Investor eine Liq Pref? In erster Linie will der Investor sein Geld schützen. Es ist entweder eine Absicherung dagegen, dass man Geld verliert oder eine vertragliche Garantie auf eine Mindestrendite. Beide Fälle erkläre ich euch detaillierter. Ihr müsst wissen, dass es unterschiedliche Liq Prefs gibt, alle mit Vor- und Nachteilen.
Einfache Liquidation Preference.
Die normale Liq Pref ist eigentlich nur wirksam, wenn die Firma verkauft wird, und die Verkaufsbewertung geringer ist, als die Einstiegsbewertung des Investors. Wir spielen jetzt einen einfachen Fall durch. Dieser hat die gleichen Vorrausetzungen für alle Beispiele: Ein Investor zahlt 100k für 10% Anteile. Die Post-Money Bewertung ist dadurch 1 Mio. Der Gründer hält die restlichen 90%. (Post-Money = Wert der Firma, nachdem der Investor investiert hat).
Wenn die Firma morgen für 1 Mio verkauft wird, bekommt jeder 1:1 sein Geld. Der Investor seine 100k, der Gründer darf sich über 900k freuen. Was ist aber, wenn die Firma morgen nur für 500k verkauft wird? Einfach weil das Geld bereits ausgeben wurde und das Produkt floppte?
In diesem Fall hatte der Investor keine Liquidation Preference. Wieso nicht? Nun es könnte Teil der Vertragsverhandlungen gewesen sein, oder es war ein Business Angel der bewusst keine harten Terms wollte. Jedenfalls wird die Firma verkauft und am Ende bleibt der Investor auf 50% Verlusten sitzen, während der Gründer immerhin 450k bekommt. Ich will nicht urteilen, ob dies gerechtfertigt ist oder nicht. Es geht darum, dass der Investor konkret Geld verliert, während der Gründer weiterhin profitiert. Um dies zu verhindern, gibt es halt die Liq Pref. Nur mit dem Ziel, dass Investoren wenigstens ihr Geld wieder bekommen. Ist ja auch nur fair. Der Investor riskiert sein Geld, der Gründer seine Arbeitszeit. Der Investor darf also eine Absicherung für sein Geld verlangen. Machen Banken auch und schon mal mit einem Kredithai gesprochen?
In diesem Fall hat der Investor eigentlich 2 Möglichkeiten. Er nimmt seine vertragliche Liquidation Preference war. Dies bedeutet, er kriegt 1:1 sein Geld wieder und verzichtet auf seine Anteile. Alles was über bleibt, bekommt der Gründer (oder andere Investoren). Der Investor macht keinen Verlust, der Gründer bekommt noch etwas Geld. Aber der Gründer bekommt halt nur 400k, statt der 450k die er sonst für 90% der Anteile bekommen würde. Wenn jetzt die Firma über 1 Mio verkauft wird, dann verzichtet der Investor oft auf seine Liquidation Preference. Denn die Entscheidung ist: Anteile oder Liq Pref. Man nimmt natürlich immer den Wert, der mehr Geld bringt. Was ist aber, wenn man eine Liq Pref hat und seine Anteile trotzdem behält? Dies wäre eine Participating Liquidation Preference.
Participating Liquidation Preference
Ich gebe es zu, die Participating Liq Pref ist manchmal ziemlich kompliziert und dadurch wirkt sie gründerunfreundlicher. Der Zweck einer Participating Liq Pref dient, dass nach unten das Investment abgesichert wird (wie eine normale Liq Pref) und nach oben eine Mindestrendite gesetzt wird. Wieso? Nun zum einem sagt der Investor: „ich investiere nur, wenn ich auch eine gewisse Summe dafür bekomme“. Zum anderem dient es als Anreiz für die Gründer. Wenn die Gründer erfahren, dass sie ihr Geld nur bekommen ab einem bestimmten Firmenwert, dann ist dies ein konkretes Ziel.
Ich erkläre jetzt dieses Beispiel. Die Firma wird für 2 Mio verkauft. 10% davon wären 200k für den Investor, und 1,8 Mio für den Gründer (seine 90%). Wir haben hier aber eine participating Liq Pref. Dies bedeutet, dass der Investor erst seine 100k wieder bekommt. Nachdem diese abgezogen wurden, wird der Rest pro rata verteilt. Pro Rata bedeutet, jeder bekommt soviel, wie es ihm gemäß seiner Anteile zusteht. Der Investor bekommt also weitere 190k für seine 10%. Am Ende hat der Investor 290k bekommen, was ca. 14,5% der Gesamtsumme entsprechen.
Habe ich es verständlich erklärt? Es geht also darum, dass der Investor sein Geld wiederbekommt (100k) und an dem Verkaufsgewinn (Verkaufspreis abzüglich Investment) weiterhin profitiert. Und wenn dies zu einfach war, machen wir es noch einen Tick komplizierter.
In diesem Fall haben wir eine 5 fache Participating Liquidation Preference. Diese wurde eingesetzt, weil der Investor gerne eine Mindestrendite hätte. Dies kommt meistens erst in Late Stage Deals vor. Wenn ein Investor z.B. 500Mio investiert, schreibt er rein, dass er mindestens 1.000 Mio haben möchte. Dies kommt vor, wenn die Firmen bereits sehr sehr groß sind und z.B. vor einem IPO stehen (bei Facebook, Groupon etc. war es so). Für uns sind solche Beispiele nicht aktuell. Jedenfalls gibt es hier wieder 2 Mio zu verteilen. Der Investor hat nun im Vertrag stehen, dass er den 5fachen Einsatz zurück bekommt und dazu alles, was noch überbleibt (pro rata = anteilig). Dies bedeutet auch, wenn die Firma für nur 500k verkauft wird, dass der Gründer 0 bekommt und der Investor halt die ganze Summe. In meinem Beispiel erhält der Investor seine 500k Mindestrendite und dazu noch 10% an der übrigen Summe. In diesem Beispiel hat der Investor also gut 32,5% der Verkaufssumme bekommen.
Wieso erzähle ich dies? Nun ich hoffe, dass jeder von euch an den Punkt kommt, wo er solche Sorgen hat. z.B. kenne ich Gründer, die müssen den Firmenwert auf gut 100 Millionen bringen, damit diese am Ende den vollen Betrag ihrer Anteile erhalten. Wenn der Verkaufswert nur 50 Millionen ist, dann bekommen die Investoren fast alles, die Gründer gehen leer aus. Ich denke die Investoren haben dies so verhandelt, damit die Gründer nicht sagen: „Hey, 50 Mio reichen mir. Ich verkaufe und mache was neues danach“.
Noch komplizierter? Ja, wäre machbar. Habe da wunderbare Vertrage gelesen, wo Anwälte kleine Wortwunder erschaffen haben. Doch ich denke, diese paar Worte zu Liquidation Preference reichen und helfen euch weiter. Nächstes Mal dann etwas über Vesting.
Weiter zu dem Thema: Beitrag auf Deutsche Startups und Beitrag von Brad Feld (englisch).