Seit einigen Jahren wohne und arbeite ich in Berlin. Ich liebe diese Stadt, doch es steht nicht zum Besten. Seit längerer Zeit denke ich darüber nach, was wir (die Generation Y) ändern könnten. Dies ist die Sammlung meiner Forderungen an Politik und Wirtschaft.
Berlin soll ein Ort sein, wo sich alle Bürger wohl und sicher fühlen, Freiheiten haben und ihre Kinder großziehen wollen – ein Ort, der Stabilität und Perspektive bietet.
Dafür muss Berlin zukunftsfähig werden. Im globalen Wettbewerb um Talente, Wissen, Technologien, Arbeit und Kapital braucht Deutschland eine starke Hauptstadt, nicht nur heute, sondern auch noch in 25 Jahren.
Berlin ist ein Schatten seines historischen Erfolges
Zwischen 1870 und 1930 war Berlin eine Metropole von Weltrang. Über 30 Nobelpreisträger wirkten in Berlin, wie Robert Koch, Max Planck und Albert Einstein. Berlin war das Zentrum einer erfolgreichen Industrie mit Unternehmen wie Siemens, AEG und Borsig.
Und heute? Seit Jahrzenten lassen wir uns treiben von Technologien, die wir weder erfunden haben, noch produzieren und auch nicht kontrollieren. Unser Alltag wird bestimmt von Unternehmen wie Facebook, Apple, Google, Amazon. Allein diese 4 Unternehmen sind an der Börse mehr wert als der komplette Deutsche Aktienindex (DAX) zusammen.
Berlin braucht eine digitale Agenda um die Zukunftsfähigkeit dieser Stadt zu sichern. Nur durch frühzeitige Förderung von neu entstehenden Industrien, wird es auch in 25 Jahren noch ausreichend Perspektive für alle Menschen geben.
Deswegen fordere ich:
1. Aufbau des Technologieclusters Berlin
Die Zukunft liegt in den Technologien, die noch nicht marktfrei entwickelt wurden. Die Arbeitsplätze der nächsten Jahre entstehen im Bereich Transport, Steuersysteme, Genetik, Drohnen, Robotik, Big Data, IT-Sicherheit oder Quantenelektronik.
Erfolgreiche Clusters gibt es bereits: Silicon Valley für Informationstechnologien, Boston für Genetik, Cambridge für künstliche Intelligenz, London für Finanzen oder Tel Aviv für IT-Sicherheit.
Ein Cluster besteht auf einer Kombination von Universitäten, Unternehmen, Neugründungen, Forschungszentren und politischer Verantwortung.
Daher fordern wir die Konzeption, Förderung und Umsetzung eines Technologieclusters in Berlin für Industrien, welche auch die nächsten 50 Jahre relevant sein werden.
2. Mehr Kapital für Berliner Unternehmen
In den USA fließen jedes Jahr über 20 Mrd. Dollar als Wachstumskapital in junge Unternehmen. Deutschland kommt lediglich auf 350 Millionen Euro im gleichen Zeitraum.
Amerikanische Unternehmen haben mehr Kapital. Erschaffen mehr Arbeitsplätze. Wachsen schneller. Erobern erfolgreicher neue Märkte. Deutschen Unternehmen bleibt die Rolle des Nischenanbieters. Wir haben seit Jahren keine Unternehmen von globaler Dominanz mehr gegründet.
Daher wünschen wir, dass aktiv Wagniskapitalgeber in Berlin angeworben werden. Kapitalgeber investieren dort, wo sie ihren Standort haben. Gleichzeitig soll die Gründung neuer Fonds gefördert werden.
Es bedarf Lockerungen (Deregulierung) für professionelle Anleger (Versicherungen, Banken), dass diese immerhin die rechtliche Möglichkeit hätten, ihre Gelder auch in die jüngere deutsche Industrie zu investieren.
Gleichzeitig sollten bestehende Programme (HTGF, IBB, Exist, ProFit) finanziell ausgebaut werden. 350 Millionen für ganz Deutschland sind zu wenig. 1 Milliarden Euro für Berlin wäre ein Anfang.
3. Einrichtung eines Think Tanks für Zukunftsherausforderungen
Der gesellschaftliche Wandel nimmt zu. Alles wird schneller, komplexer und globaler. Politik agiert seit Jahren nicht mehr weitsichtig, sondern reagiert lediglich auf neue Umstände. Daher braucht Berlin eine Denkfabrik, welche sich den Herausforderungen der Zukunft stellt und eine Vision für Berlin 2050 entwickelt.
Wie werden wir wohnen? Wo arbeiten wir? Wie leben wir? Aktuelle Themen wären: Smart City, Robotik, Genetik, eFinance, eHealth.
Berlin sollte Herausforderungen proaktiv angehen, statt erst zu reagieren, wenn es zu spät ist.
4. Freies unbegrenztes WLAN für das Volk
Es gibt mehr mobile Endgeräte als Computer. Jeder Berliner Bürge möchte gern überall erreichbar sein. Daher sollten alle Orte, die der Staat für seine Bevölkerung verwaltet, mit kostenfreien und unbegrenzten WLAN ausgestatten sein. Dies sind das Rathaus, Ämter, Bürgerbüros, Parkanlangen, öffentliche Plätze, Museen, Schulen, Schwimmbäder, Theater, Bibliotheken; sowie der Nahverkehr (Bus, Ubahn, Sbahn, Tram).
5. Programmieren als Pflichtfach in der Schule
Bis 2030 wird es weltweit 150 Milliarden mit dem Internet verbundene Geräte geben. Auf jeden Menschen kommen hunderte programmierte Maschinen. Die Welt spricht PHP, C++, Ruby oder HTML. Kinder sollten bereits in der Schule lernen, wie wir Maschinen entwickeln, steuern und auch abschalten können.
6. Förderung von praxisnahen Fächern in der Schule
Intellektuelle Fächer (wie Physik, Biologie, Geschichte) sind für das Allgemeinwissen förderlich. Jedoch sollten junge Menschen ebenso auf das reale Leben vorbereitet werden. Deswegen sollten praxisnahe Fächer bereits ab der Sekundarstufe unterrichtet werden: z. B. Programmieren, Wirtschaft, Marketing, Organisation.
7. Ausrichtung der Ausbildung am Bedarf der Zukunft
Auf der einen Seite herrscht Fachkräftemangel und gleichzeitig gibt es eine europaweite Jugendarbeitslosigkeit.
Unternehmen sollten Anreize erhalten, wenn Fachkräfte in Bereichen ausgebildet werden, die über hohe Vakanzen verfügen (z. B. Pflegekräfte, IT Techniker, Softwareentwickler, Krankenschwestern).
Das gleiche gilt für Studiengänge (z. B. Medizin, Information, Maschinenbau).
Es darf nicht passieren, dass junge Leute für Berufe ausgebildet werden, die es in 10 Jahren nicht mehr gibt.
8. Vereinfachung von Unternehmensgründungen
2014 sind zahlreiche Unternehmen an die Börse gegangen, z. B. Zalando, Rocket Internet, GoPro, Alibaba. Die meisten Unternehmen wurden in den letzten 10 Jahren gegründet. Junge Unternehmern schaffen die meisten Arbeitsplätze und bilden gleichzeitig Fachkräfte aus.
Daher bedarf es dringend bürokratischer Erleichterungen für Neugründungen. Anträge, Genehmigungen und Unterlagen sollten von Ämter schneller bearbeitet werden. Finanzämter sollten Jungunternehmen nicht mit den gleichen Auflagen belegen wie ältere Unternehmen. Der Staat dient seinen Bürgern. Der Bürger sollte keine Belastung sein für einen Beamten.
Weitere Lesehinweise und Quellen
http://www.mckinsey.com/insights/high_tech_telecoms_internet/the_internet_of_things
https://hbr.org/2014/07/how-the-internet-of-things-changes-business-models/
http://www.goldmansachs.com/our-thinking/outlook/internet-of-things/iot-report.pdf
http://techcrunch.com/2014/12/02/the-internet-of-things-is-reaching-escape-velocity/
http://www.cisco.com/web/about/ac79/docs/innov/IoE_Economy.pdf
Komm in meine Berlin Futuristen Meetup Gruppe und wir können persönlich diskutieren.