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Zurück von der Klassenfahrt

Jedes halbe Jahr organisiert Team Europe das Valley Camp. Unternehmer und weitere Mitspieler des europäischen Startup-Ökosystems versammeln sich für eine Woche in San Francisco. Wir wohnen gemeinsam in Häusern, haben ein optionales Programm. Wie Klassenfahrt für Erwachsene.

Ab 2 Uhr ist die Stadt tot

Inzwischen bin ich regelmäßig drüber und frage mich immer, was den Unterschied zwischen San Francisco und Berlin ausmacht. Zum einem ist es die Stadt. Ich mag das Wasser, die vielen Grünanlagen und die zahlreichen Hügel. Abgesehen von der miesen Qualität der Infrastruktur, fehlendem öffentlichen Nahverkehr und dem Mangel an Taxen, ist es eine schöne Stadt. Doch irgendwie auch etwas langweilig. Clubs schließen alle bereits um 2, während der Woche ist nichts los. Vielleicht sind die Startups deswegen produktiver – weniger Ablenkung. Und Palo Alto ist noch langweiliger. Da werden um 21 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt. Wo sind nur die ganzen Standford Studenten?

Das Startup ist der Kunde

Die Anzahl der Startups ist natürlich deutlich größer. Doch geht es nicht um die Anzahl, sondern den Fakt, dass diese besser integriert sind. Die Stadt lädt in das riesige Rathaus ein. Überall sind man Bandenwerbung. Die Internetindustrie ist ein integraler Bestandteil der lokalen Wirtschaft. Keine Nische, die auch nicht mehr um Aufmerksamkeit ringen muss.

Investoren sind überall und erschienen mir deutlich sympathischer. Die Geldgeber waren unter vielen und keine Besonderheit mehr. Dies sorgt für eine stärkere Kundenorientierung (das Startup ist Kunde). Unternehmer müssen nicht mehr den Bittsteller machen.  Man kann sagen, es ist eine etablierte Industrie. Diese ist weniger spannend als in Berlin, nicht mehr revolutionär sondern erwachsend. Ja, man kann es so sagen. Startups in San Francisco sind Teil eines erwachsenes Ökosystems. Sicherlich auch das Ziel für Berlin, doch auch langweiliger dadurch.

Abwechslung willkommen

Die Anzahl an Events ist enorm. Ich dachte in Berlin gibt es bereits zu viele Netzwerkveranstaltungen. San Francisco toppt dies um Einiges. Und überall gibt es Redner, Gäste, Teilnehmer für die sich ein Besuch lohnt. Während wir in Deutschland doch eigentlich immer die gleichen Gesichter sehen, fand ich hier die Abwechslung willkommen. Auch ist die Integration einfacher. Amerikaner sind halt freundlicher als wir Deutsche. Das Lächeln ist immer vorhanden, alles ist toll, alles ist super, jede Idee disruptive. Irgendwie baden sich alle in Lob, keiner sagt mal die Wahrheit und spricht Dinge aus.

Die Hipster sind echt

Ein weiterer Unterschied ist, dass in San Francisco die Hipster keine Hipster sind. Rund um Haight Street sind die Leute, wie man am Rosenthaler Platz gerne wäre. Und es bitte nie wird. Denn die Realität ist, dass Alternative nicht unbedingt Wohlstand mit sich bringen. Die Läden sind alt, die Gebäude runtergekommen, überall sind Drobenabhängige. Den Wagen wollte ich da nicht stehe lassen. Nur die Mode war gleich. Hier war sie authentisch. In Berlin zahlen wir Geld dafür, dass wir so aussehen dürfen.

Berlin ist für die Unternehmer

Nicht das erste Mal spiele ich mit dem Gedanken, ob man nicht in San Francisco bleiben sollte. Und jedes Mal freue ich mich wieder auf Berlin. Zum einem mag ich unsere Stadt. Das Nachtleben ist einzigartig und auch wenn die S-Bahn nicht pünktlich ist, haben wir wenigstens eine. Die Berliner sind mürrischer, aber dadurch auch ehrlich. Ich bin kein Freund von grinfucking. Und unsere Startupszene ist noch frisch. Es ist keine Industrie, aber wir arbeiten dran. Es ist doch viel spannender Teil eines Neuen zu sein, als in etwas Etabliertes einzusteigen. Dann hätte ich auch Automotive machen können. Da zahlt man mehr, gibt mehr Arbeit, die Industrie ist riesig. Doch wir sind Unternehmer, und daher sammeln sich in Berlin die Leute, welche etwas Neues aufbauen wollen, die keine etablierten Strukturen benötigen – so wie es halt ein Startup macht.

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