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Crowd Sourcing & Crowd Funding – als Geschäftsmodell

Was beachten bei Geschäftsmodellen mit Crowd Sourcing? Ist Crowd Funding gut für Startups?
Ich wurde des Öfteren gefragt, was meine Meinung zum Thema Crowd Sourcing ist, insbesondere Crowd Funding. Allgemein kann man nicht sagen, dass Crowd Sourcing immer gut ist oder immer schlecht. Es gibt Geschäftsbereiche, wo dies sehr gut funktioniert und andere sind weniger geeignet.

Als Investor in MyGengo haben wir bereits sehr gute Erfahrungen gemacht. MyGengo ist eine Plattform für Übersetzungen. Tausende von Übersetzern sind dem System angebunden. Wenn ein Unternehmen binnen von 24h eine Webseite übersetzen will, kann die Crowd dies sofort machen. Hier ist die Dynamik klar, welche allgemein für Crowd Sourcing vorteilhaft sind: Anfragen für Dienstleistungen, die universell sind. Bedeutet, dass diese weltweit ausführbar sind (ob Deutschland oder Pakistan), keine rechtlichen und kulturellen Anforderungen haben, geringe Qualifikationen der Crowd benötigen und wo Geschwindigkeit eine Rolle spielt. Bei Übersetzungen klapp dies wunderbar. Über Nacht bekomme ich meine Ergebnisse, weil Jemand in Japan den Auftrag angenommen hat und sofort bearbeite. Alternative wäre, dass ich hier vor Ort einen Übersetzer suche, den Preis anfrage, ihm die Unterlagen schicken und Tagelang warten muss. Zudem ist die Plattform wunderbar skalierbar und bei gleichen Fixkosten kann man den Umsatz (und Marge) stark erweitern.

Ebenso geeignet für Crowd Sourcing sind IT Platformen. uTest in den USA ($37M funding) bietet diverse IT-Test Dienstleistungen an (oder UI-check in Berlin). Nehmen wir an, du hast eine Webseite und willst in 48h live gehen. Über uTest kannst du diese Seite auf Bugs und Usability binnen von wenigen Stunden über Nacht testen lassen. Je nach Budget können dutzend oder tausende von Leuten auf deiner Seite rumklicken, testen, probieren und dir am Ende alles auflisten, was nicht klappte. Dies ist oft deutlich schneller (da viele Leute), gründlicher (da externe Sicht) und auch günstiger als wenn man es intern mit 3-4 eigenen QM Leuten macht.

Wenn es um Kreativarbeit geht, ist Crowd Sourcing auch eine Möglichkeit, aber nicht für jeden Fall geeignet. 99Design ($35M funding) ist eine erfolgreiche Plattform für Logos und andere Designvorschläge. Man beschreibt seine Idee, setzt einen Preis fest, hunderte Leute reichen Vorschläge ein und am Ende bezahlt man nur für den Vorschlag, den man gerne hat. Ideal für Kreativität und Inspiration. Aus eigener Erfahrung sind die Ergebnisse aber oft nicht vergleichbar mit der Dienstleistung eines Designers, der im direkten Kontakt steht. Wenn man wenig eigene Vorstellungen hat, kann man durch die Crowd ein neues Logo finden. Wenn man weiss was man will, dann braucht man einen Auftragskünstler. Hier also auch Vorteile, aber abhängig vom Kontext.

Wo klappt es weniger gut? Nun hier fallen mir zwei Möglichkeiten ein. Entweder weil das Geschäftsmodell zu hohe Transaktionskosten hat oder die Masse keine guten Entscheidungen treffen kann.
Mit Transaktionskosten meine ich die Vermittlung vom Plattformbetreiber zwischen Kunden und der Crowd. Bei Übersetzungen ist dies sehr leicht zus skalieren, aber bei z.B. Webdesign nicht. Es erfordert immer einen Projektleiter bei Designaufträgen, die Programmierung beinhalten. Aus meiner Erfahrung haben diese Startups es schwer, weil einer immer am Ende den Code testen muss. Dies kostet Zeit und Geld. Am Ende sind die Preise nicht deutlich günstiger als bei einem normalen Freelancer.
Auch bin ich skeptisch, was die neue Welle an Crowd Funding angeht. In Deutschland gibt es einige Anbieter inzwischen. Was mir bei denen auffiel ist, dass zum einem die Qualität der dort finanzierten Startups nicht super ist. Ich bin da ehrlich, aber ich hätte weder privat investiert noch mit der Firma. Klar, Ausnahmen sind darunter, aber die meisten Startups kannte ich. Es wirkte ein bisschen so nach dem Motto: „Wenn VCs uns kein Geld geben wollen, dann gehen wir halt zu einer Crowd Funding Plattform“. Nehmen wir an, diese Einstellung trifft zu, dann wäre dies bereits eine Adverse Selektion. Startups mit Crowd Funding hätten daher eine höhere Ausfallwahrscheinlichkeit als normal finanzierte Unternehmen. Obendrauf kommt es, dass die Masse der Geldgeber (dafür reichen 250€ manchmal aus), sich nie so intensiv mit einer Geschäftsidee beschäftigt wie wir. Die schauen auf die Idee, denken die ist nett, googeln etwas und geben dann Geld.
Ich will jetzt nicht aussagen, dass wir Crowd Funding schlecht finden. Ich finde es sogar gut, denn so kriegen besonders innovative Projekte eine frühe Finanzierung. Aber in der Praxis ist es bisher so, dass eher wenig gute Unternehmen Geld bekommen und die sehr starken Startups Geld von VCs haben (oder komplett eigenfinanziert sind). Dazu kommt, dass Crowd Funding wenig Vorteile hat ausser Geld. Es ist mal so richtig dummes Geld (Ausnahme hier ist, wenn jeder Investor auch ein Neukunden ist und die CAC normalerweise höher sind als die üblichen 250€). Ein Angel oder VC bringt Netzwerk, know-how, und operative Kenntnisse mit ein. Wie ich bereits geschrieben hatte, ist gerade in der Anfangsphase der know-how Transfer viel wichtiger als das Geld. Startups scheitern selten daran, dass sie kein Geld bekommen, sondern dass sie schlecht Executen. Geld braucht man meistens (jedenfalls in der Internetwelt) für Skalierung und Wachstum, aber nicht um eine Webseite aufzusetzen. Für 5.000€ bekommt man eine App, für 10.000€ kann man ein ecommerce Unternehmen anfangen. Für ein paar tausend startet man einen Marktplatz. Für die Umsetzung einer ersten Idee, brauche ich keine große Finanzierung.
Ich bin gespannt, wann erst die ersten Folgefinanzierungen gibt für Startups, die Crowd Funding bekommen haben. Vielleicht täusche ich mich und die Masse der Menschen ist doch besser als wir Investment Professionals. Vielleicht aber auch nicht.

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