in StartUp, Venture Capital

Wie ich eine Investmententscheidung treffen – und am Ende doch absagen muss

Geschäftsideen absagen ist keine Freude. Und wie analysiere ich eigentlich gute Geschäftsideen? Was für Fragen stelle ich mir und was für Antworten suche ich? Was muss man wissen um eine Investmententscheidung treffen zu können:
Es fällt mir oft nicht leicht einem Startup zu sagen, dass wir sie nicht finanzieren wollen. Natürlich gibt es viele Anfragen, wo einfach die Grundregeln missachtet wurden (kein Intro, unzureichende Unterlagen), doch diese filtert man recht schnell aus. Die meisten Zeit beschäftige ich mich Startups, die meistens von hoher Qualität sind. Der Businessplan ist gut geschrieben (Struktur, Design, Inhalt); das Produkt/Webseite sieht gut aus; der Markt ist groß genug. Und nun habe ich, sagen wir, gut 20-30 gute Startups auf dem Tisch liegen, aber wir investieren durchschnittlich nur in eines pro Monat. Klar, es können auch mal 2-3 sein, aber eigentlich sind es weniger. Bedeutet ich muss unter diesen 30 Startups (pro Monat), die alle vielversprechend sind, 29 aussortieren. Ich suche jetzt nicht nach dem besten unter diesen 30, aber im Schnitt muss ich halt trotzdem allen anderen absagen. Wie erkennen? Dies ist die Schwierigkeit an meinem Job. Der erste Filter (Markt groß genug? Team kompetent? Produkt gut? Geschäftsmodell gut?) ist inzwischen einfach. Im zweiten Schritt wird es viel schwerer. Ich muss ins Detail der Geschäftsmodelle steigen. Dann stelle ich Fragen wie:

Team
* Hat das Team ausreichend Startup Erfahrung?
* Wie reagiert es in Stresssituationen? Hat der CEO die Nerven, die Ruhe, die Kompetenz große Teams zu leiten?
* Wie stark hält das Team zusammen?
* Kann das Team skalieren? Beherrschen sie Marketing, Finance, Operations, Tech usw?

Markt
* Ist das Markt groß genug?
* Kann ich im Markt die Kunden profitabel einkaufen?
* Wie ist die Konkurrenz?
* Wie sieht es mit Macht der Lieferanten, Kunden, neue Wettbewerber aus?

Produkt
* Ist das Produkt wirklich gut? Wurde auf Details geachtet?
* Wie sieht die Roadmap aus? Was plant das Team?
* Mag der Kunde das Produkt? Würde er es kaufen/ dafür zahlen?
* Bringt das Produkt einen Mehrwert? Ist es abhängig von anderen Plattformen?

Metrics
* Wie sind die CAC pro Kanal?
* Was ist der CLV pro Kundengruppe?
* Ist DB1 profitable? Ist DB2 >0?
* Wie viel Skalierung ist notwendig für einen Proof-of-concept der Profitabilität?

Investment Case
* Haben die Gründer/Management ausreichend Anteile?
* Ist Skin in the Game?
* Wer sind bisherige Investoren? Wer sind Co-Investoren?
* Wie viel Kapital fließt in dieser Runde? Was sind die Konditionen?
* Wie ist die Bewertung? Erreichen wir trotzdem unsere Mindestrendite?

Ihr seht, dass ich sehr viele Fragen stelle im Laufe des Prozesses. Bei jedem Geschäftsmodells sind es natürlich andere. Mal mehr, mal weniger, mal detaillierter oder einfacher. Einige Teams beantworten mir die Fragen, ohne dass ich fragen muss. Andere finden nie eine Antwort darauf.
Die Herausforderung für mich ist, dass ich zum einem die richtigen Fragen stelle. Gerade was die Metrics angeht, kann man tagelang Kohorten und andere Themen analysieren. Wer technische Details wissen möchte, kann auf Christophs Blog nachsehen. Er geht auf viele praktische Punkte ein.

Jedenfalls sorgt die Komplexität der Daten am Ende dafür, dass eine Entscheidung nicht leicht fällt. Es gibt kein klares „ja“ oder „nein“. Am Ende kommt das Bauchgefühl dazu, die Meinungen der anderen Partner, Interviews mit Kunden, Interviews mit Lieferanten, Interviews mit anderen Investoren oder ex-Gründern. Man versucht ein komplettes Bild der Situation zu bekommen – dies mit immerhin 30 Unternehmen zugleich. Nun sitze ich am Rechner und muss entscheiden, ob Jemand Geld bekommt oder kein Geld bekommt (letzteres ist mein Hauptjob). Und für viele Gründer kann dies das Ende sein. Ich vermute, dass 90% der Startups die kein Geld von uns bekommen, die bekommen auch kein Geld von anderen Investoren. 5% bekommen Geld von Investoren, die nicht unbedingt bekannt für ihre guten Entscheidungen sind, und die anderen 5% bekommen Geld von Top-Investoren, die entweder was anderes gesehen haben als wir, oder auch eine andere Auswahl an Deals hatten. Es gibt Monate, da liegen geniale Deals auf dem Tisch, und manchmal ist es ruhig. Und ja, auch bei VCs spielt das relative Ranking eine Rolle. Wenn ich 3 Top Deals habe, aber eigentlich nur 1-2 investieren will, dann muss ich manchmal auch Top Startups absagen. Und deswegen der Beitrag heute. Absagen macht keinen Spaß. Deswegen empfehle ich auch Jedem, dass sie den Investor nach Feedback fragen sollen, denn wir denken uns natürlich immer etwas dabei. Manchmal schreibe ich dutzende Seite an Text/Zahlen/Argumenten und am Ende investieren wir trotzdem nicht.

Fazit für heute: Erstens – Absagen machen mir keinen Spaß, weil es die meisten Ideen echt toll sind und eigentlich die meisten das Geld verdienen würden. Zweitens – Wir denken uns eine Menge dabei. Wir analysieren viel und lange und ausführlich. Wir gehen nie halbherzig mit euren Ideen um. Und je besser das Startup ist, desto schwerer natürlich unsere Entscheidung. Und doch, am Ende bekommen nur 1% ihr Geld.

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