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Was ist eigentlich Rocket Internet?

Rocket Internet verliert einige seiner Geschäftsführer und wandelt sich zum globalen Internetkonzern. Heute schreibe ich etwas ausführlicher darüber, wer hinter Rocket steht, wer es finanziert und wohin sich das Unternehmen wohl entwickeln könnte.
Ich wollte schon immer über Rocket schreiben. Für mich ist Rocket Internet und seine 3 Paten das womöglich faszinierenste Unternehmen der Berliner Internetszene. Kann man Samwer-Reich überhaupt als Unternehmen bezeichnen? Jedenfalls habe ich den Anlass von letzte Woche als Grund genommen, dass ich heute etwas mehr über die Hintergründe von Rocket schreibe.

Die Herrscher von Rocket Internet
Rocket Internet ist die Gesellschaft, die vermutlich den höchsten Bekanntheitsgrad hat. Jeder kennt die Gründungen/Exits (z.B. Zalando oder CityDeal/Groupon) und die eigentlichen Herren: Marc, Oliver und Alexander Samwer.
Die 3 Brüder  kommen ursprünglich aus Köln und ihr Vater ist ein bekannter Anwalt. Die ersten eigenen Gründungen von den Samwers waren Alando (ebay-Klon) und Jamba (nervige Klinteltöne). Beides wurde mit einem (vermutlich) lukrativen Exit belohnt. Danach versuchten die drei sich mit einem VC-Fond (European Founders Fund), doch wirklich erfolgreich wurde dieser nicht. Man sagt, dass die Samwers die guten Deals lieber privat gemacht haben und die durchschnittlichen Investments über den Fond abgewickelt haben. Hauptgeldgeber für den Fond waren auch nicht die Brüder sondern United Internet. Facebook, StudiVZ (bis Exit), Zynga oder Bigpoint sind angeblich nur die bekanntesten der Privatinvestments von den Samwers. Rechtlich wird alles über die Holding European Founders Fund GmbH gehalten, welche zu je 1/3 einem der drei Brüder gehört. Ich will jetzt nicht allzuviel über die drei schreiben, sonst wird dieser Eintrag viel zu lang. Jedenfalls gehörte Rocket Internet früher zu 100% den Samwers (gehalten über die Holding). Für bis zu 25% an Rocket Internet, zahlte der schwedische Investmentkonzern Kinnevik 35Mio€ Ende 2009. Kinnevik ist eine Investmentgesellschaft, ähnlich wie Berkshire Hataway. Seit Ende der 30er investiert die Firma in Telekommunikation, Medienunternehmen, Energie- oder auch Onlinefirmen. Insgesamt hält die Kinnevik rund 5Mrd€ an Beteiligungen. Ansonsten ist keiner an Rocket Internet beteiligt und dies bedeutet erstmal, dass nur die Samwers und Kinnevik verdienen, wenn Rocket eine Firma verkauft (wie z.B. Groupon-IPO). Kinnevik (über die Emesco AB) investiert aber auch direkt in die neusten Projekte aus dem Hause Rocket, z.B. CityDeal (Groupon) oder wimdu.

Das Geschäftsmodell von Rocket Internet bisher
Angestoßen wurde das Thema, weil Rocket Internet einige seiner Gründungsmitglieder verloren hat. Christian Weiß und Florian Heinemann waren die ersten Geschäftsführer von Rocket. Beide sind wohl (im Streit?) gegangen (bzw. werden vermutlich noch gehen). Man munkelt über den Auslöser der Abwanderung (denn es sollen 20-40 weitere Mitarbeiter auch gehen). Vielleicht hängt damit zusammen, dass Groupon jetzt an der Börse ist und alle die vorher an CityDeal gearbeitet hatten, langsam ihr Geld kriegen bekommen sollten. Wie funktioniert aber ansonsten das Geschäftsmodell von Rocket? Nun, Rocket Internet hatte bisher aus meiner Sicht zwei Vorgehensweisen. Auf der einen Seite werden Gründungs-Investments vorgenommen und Rocket hält einen signifikanten Anteil. Dies ist ähnlich wie bei einem Inkubator. FP Commerce ist ein Beispiel, wo Rocket den eigentlichen Gründern immerhin noch >30% gelassen hat. Die andere Seite sind klassische Companybuilding Projekte wie CitdyDeal, Zalando und Groupon. Hier gründet Rocket alleine (unter dem Deckmantel von Jade GmbH. z.B. wurde wimdu als Jade 1091 GmbH gegründet, damit der eigentlich Zweck umbekannt bleibt). Diese Firmen genießen dann auch den kompletten Vorteil der 120-150 Leuten, die bei Rocket im Büro sitzen. Mit viel Geld (u.a. von Holtzbrinck, Credit Agricole oder Kennevik), Erfahrung und Man-power werden einzelne Firmen super schnell executed und zu enormen Wachstum getrieben. Dabei fokussiert sich Rocket auf wenige Firmen im Jahr, was wiederum das Aus für anderen Gründungen bedeutet (vermutlich werden >10 Firmen im Jahr gegründet/unterstützt). Das Ergebnis ist, dass am Ende der deutsche Groupon-Klon besser funktioniert als das eigentliche US-Vorbild.

Das Geschäftsmodell von Rocket Internet der Zukunft?
Nicht der Verlust der Geschäftsführung ist die interessante Information am Wochenende gewesen, sondern der Beisatz, dass Rocket Internet sich zum einem globalen Unternehmen wandelt. Anstatt StartUps zu gründen, will Rocket direkt Unternehmen bauen. DS bezeichnet es als globalen Internetkonzern. Ich vermute einfach, dass Rocket den Fokus noch mehr auf die globale Verbreitung von erprobten Geschäftsmodellen konzentrieren will. Zalando (ein Klon des US-Vorbilds Zappos) gibt es immerhin in diversen Ländern wie Australien, Türkei, VAE, Indien oder Russland. Man spricht auch davon, dass Rocket bereits Teams in Brasilien (und anderen Ländern) hat, die dort lokale Versionen von Zalando & Co aufbauen. In China wurde dies mit Airizu (=wimdu) auch gemacht. Und was unterscheidet Rocket damit von klassischen Inkubatoren und Startups? Die Innovation ist nicht mehr nötig. Innovation in Form von neuen Ideen kann man nicht skalieren. Erfindungen sind ungeheuer schwer am Fließband zu produzieren. Also macht Rocket das, was es am besten kann: Proof-of-concept super schnell skalieren.Und dafür braucht es Erfahrung (diese hat Rocket) und sehr viel Geld. Laut aktuellen Artikeln, sind es wohl 1 Mrd.€, die Rocket einsammeln will. Mit diesem Geld kann Rocket es sich leisten in jedem relevanten Land ein Team zusammen zu stellen, was das Gleiche macht wie hier in Berlin. Konzepte in die Praxis umsetzt durch IT, Sales, Marketing und Management. Alles Elemente, die man mit dem richtigen Personal schneller hinbekommen kann, als unterfinanzierte lokale Wettbewerber.


Fazit

Es bestätigt nur etwas, was ich schon länger beobachtet habe. Rocket Internet wandelt sich zu etwas komplett Neuem. Das Kopieren von Geschäftsmodellen wird zu eigentlichen Innovation. Die Fähigkeit Themen super schnell auf lokale Gegebenheiten zu adaptieren und zu internationalisieren – dies ist die eigentliche Neuerung. Bisher kenne ich Niemanden, der dies genauso gut kann wie Rocket. Und am Ende verdienen immer die 3 Samwer-Brüder. Entweder durch private Beteiligungen an amerikanischen StartUps oder Verkauf von Firmen, die über Rocket Internet gegründet wurden.

Kritische Titelgeschichte vom Manager Magazin: „Die Murks-Brothers“ oder etwas euphorischer vom Focus: „Die fabelhaften Samwer-Boys“

Interessant?