Nicht nur in letzter Zeit habe ich das Gefühl, dass sich hier in Deutschland etwas entwickelt, was es historisch so nicht gab. Es ist sind die Startups vom Fließband. Wann gab es so viele Inkubatoren, Accelerators, Company-Builder usw, die neue Firmen gründeten? Pharma – nein. Biotech – nein. Hardware – nein. Energy – nein. Dies ist eine Besonderheit im Internet und erheblich stark ausgeprägt in Deutschland (vs. USA).
Ich möchte keine Copycat Debatte anfangen, sondern meine Beobachtungen mit euch teilen. Sind Startups aus einem künstlichen System besser oder schlechter? Überleben diese länger? Bieten diese mehr Exitvalue für Gründer, Mitarbeiter und Investoren?
Inkubatoren sind ideal zum lernen
Rocket Internet („Leading Venture Builder“) und Team Europe („build fast growing companies“) sind die Großen. Das Management bekommt zwischen 20 und 30% der Shares bei Gründung (Aufforderung: verhandelt!). Idee kommt vom Company Builder, sowie Spezialteams (Marketing und Tech). Die Gründern müssen nur executen, also die Operations aufziehen. Über fachliche Themen macht man sich wenig Gedanken, auch Funding wird von oben geregelt. Daher gibt es so viele Berater bei Rocket & Team Europe (nicht alle, aber verhältnismäßig viele). Diese könne sehr gut operative Themen umsetzten (Logistik aufbauen, Händler und Kunden betreuen, Milestones durchpeitschen) ohne dass man fachliche Kompetenz braucht (z.B. Expertise für Online Marketing oder für die z.B. Mode Branche). Ein Spielfeld für Leute, die gerne Unternehmen sein möchten oder das Handwerkzeug dafür lernen möchten. Auch gut für Leute, die einfach ein gesundes Risikobewusstsein haben und nicht den Nervenkitzel des Totalzusammenbruchs brauchen.
Und neben diesen beiden bekannten Spielern, gibt es inzwischen eine Unzahl von weiteren Inkubatoren/ Serial-Startup-Founders. Idee ist oft ziemlich ähnlich: 30-70% für den Inkubator, Rest für das Management. Dafür gibt es Funding, Office Space und Fachexpertise.
Wir hätten da also Springstar, die mit Casacanda einen fab.com Klon gebaut hatten.
VentureStars („Founding Great Startups“) baut Firmen wie z.B. Hundeland oder Katzenland.
Project A („Company Builder“) hat Startups wie Nu3 oder Wine in Black unter seinem Dach.
Christoph Maire hat zwar keinen richtige Inkubator, aber gründet regelmäßig Firmen, wo er als „Builder“ involiert ist: Monoqi, Toast und ein paar Stealth Projekte.
digital pioneers von Heiko Hubertz. Alle paar Wochen/ Monate ein neues Produkt, z.B. Kredito und Roombeats.
Zahlreiche mehr wie: Hanse Ventures („Building great Companies“), Startup Bootcamp (Accelerator), CrossVentures („Entwickelt Ideen“), Mcube („Inkubator aus Berlin“), YouIsNow24 („Gründer unterstützen“), FoundFair („Innovate your Everyday“) (Anmerkung von mir: Was ist das bitte für ein Satz?), VHB („Partner für Geschäftsideen“), hubraum („Telekom Inkubator“), FoundersLink („Create Great Companies) oder Rheingau („Manufaktur für digitale Unternehmen“).
Wie ihr seht eine ganze Anzahl von Inkubatoren/Company Buildern. Es gibt noch viel mehr. Oft ex-Gründer oder Leute mit tiefen Taschen.
Mit einem Inkubator wachsen Firmen oft schneller und sind besser finanziert
Was sind die Vorteile? Zum einem ist es das ideale Setup für Gründer, die neu in der Industrie sind. Gerade Karrierewechseler (z.B. ex Berater oder IBs) bekommen so eine Chance in einem Startup aktiv zu werden. Und die Köpfe hinter dem ganzen (Team Europe, Samwers, Maire) können so ihr Know-How und Netzwerk skalieren. Aus deren Sicht ist es fast perfekt (auf viele Firmen setzen mit begrenzten Ressourcen). Auch sind die Startups deutlich schneller. Aus eigener Kraft hätte man kaum DeliveryHero in wenigen Monaten auf so eine Größe bringen können. Auch ohne Rocket gäbe es kein Zalando, Wimdu oder CityDeal. Ich merke es, dass gerade bei ecommerce Startups die Geschwindigkeit und das Wachstum herausragend sind. Aus Investorensicht finde ich daher Inkubator + ecommerce ganz gut. Wir schauen uns sowas immer gerne an. Auch Marktplätze sind spannend. Allgemein kann ich sagen, dass alle Geschäftsmodelle die eine hohen Wettbewerb haben, viel Geld brauchen und wo Geschwindigkeit wichtig ist, dass diese bei Company Buildern/ Inkubatoren gut aufgehoben sind.
Dazu kommt, dass Inkubations-Startups eine höhere Wahrscheinlichkeit auf Exit haben. Einfach durch die starken Teams und ausreichend Funding, steigt die Chance auf einen Exit enorm. Dies ist wichtig für Investoren, aber auch für die Mitarbeiter und Co-Founder. Manche denken halt, dass 1% von 100 Mio Exit doch besser sind, als 50% an 0. Ich kann dies verstehen.
Können Execution-Söldner auch Innovation?
Doch ist nicht alles toll aus meiner Sicht. Zum einem sind die Teams oft zusammen gesetzt. Hier fehlen die Stunden, die man zusammen über das Geschäftsmodell nachgedacht hat. Keine Freundschaften, sondern rationale Geschäftsziehungen. Machmal fängt man als Co-Founder an und rekrutiert sogar seine CxO später. Der Inkubator gibt einem da viel vor. Auch hat man als Gründer wenig Spielraum. Man hat <50% Anteile = wenig Einfluss. Am Ende sollte man sich schon an die Vorgaben der „Chefs“ halten, immerhin haben diese auch mehr Fach-Expertise, Erfahrung und Anteile.
Und wie sieht es mit Innovation aus? Mir fiel letzten wieder auf, dass Inkubatoren sich sehr schwer mit innovativen Produkten tun. Hier fehlt einfach das Herzblut. Ein Execution-Söldner ist nicht immer ein Produkttyp. Er ist kein Bastler, Tüftler, Jemand der solange an der App baut, bis diese perfekt ist. Wirkliche Überraschungen habe ich noch nicht gesehen.
Als Investor achten wir darauf, dass man eine gute Mischung hat. Wir sind offen für jede Art von Startup und haben sehr gute Erfahrungen mit allen Seiten gemacht. Die Firmen von Team Europe laufen alle sehr gut. Genauso gut laufen aber auch unsere „klassischen“ Startups, wie brainly, positionly, unbounce oder Couchsurfing. Ich stelle dabei halt immer wieder fest, dass die Gründer sich unterscheiden. Herzblut vs. Executer.
Ich bin sehr gespannt, wie sich das alles entwickelt. Bis jetzt fehlt noch der konstante proof of concept für die Company Builder. CityDeal war ein Erfolg, könnte aber auch eine Ausnahme bleiben. Große Exits fehlen noch. Trotzdem interessante Zeit. Wird es am Ende so sein, dass ecommerce nur noch vom Fließband kommt? Und in welchen Bereichen sammeln sich dann die kreativen Gründer? Mobile? SaaS? Spannend, spannend!