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Evolution von Geschäftsmodellen – vom Kaufhaus in die Boutique

Zalando ist das Kaufhaus des Internets. Und Niemand mag Kaufhäuser. Was kommt also als Nächstes? Ist Curated Shopping in der Lage das bessere Geschäftsmodell zu sein?
Als Investor in den ChicChickClub ist mir aufgefallen: das klappt ja richtig gut. Ok, dies erwartet man bei jedem Investment natürlich. Aber in diesem Fall entwickeln sich die Kennzahlen besser als geplant. Meistens sind Zahlen eines Startups unter Plan, in diesem Fall das positive Gegenteil. Also habe ich etwas nachgedacht woran es liegen. Ist es möglich, dass es sich um die Evolution eines Geschäftsmodells handelt?

Jeder der sich mit Produktlebenszyklen und der S-Kurve beschäftigt hat, weiß dass Geschäftsmodelle nur eine begrenzte Zeit funktionieren. Irgendwann wandelt sich der Markt, der Konsument ist erfahrener und mehr Konkurrenz ist aktiv. Differenzierung ist notwendig, das alte Geschäftsmodell erreicht seinen Zenit.

Dies ist schon oft passiert. Facebook ersetzt MySpace. Google übersteigt Yahoo. Apple killt Nokia. Amazon tötet Buchhändler. Wikipedia ersetzt den Brockhaus. Zwar sind dies alle Unternehmen, aber jede Firma steht für ein neues Geschäftsmodell.

Jedenfalls habe ich die Vermutung, dass Curated Shopping das bessere Geschäftsmodel ist. Als Vergleich nehmen wir einfach mal Zalando. Zalando attackiert den deutschen 15 Mrd. Markt für Schuhe. Mit sehr viel Geld, einer hammer starken Execution und dem richtigen Ansatz erobert Zalando derzeit den Online Schuhmarkt. Erfolg haben sie damit, wenn man Umsatz und nicht Gewinn als Maßstab nimmt. Aber Rocket fährt auch keine EBIT Strategie, sondern eine Maximierung des Umsatzes. Die Frage ist aber nun, ob Zalando langfristig profitabel wird oder (z.B. curated shopping) nicht sogar das bessere (= mehr Gewinn) Geschäftsmodell sein könnte. Einfach mal im Vergleich:

Zalando hat eine Retourenquote von (man vermutet – es gibt keine Beweise) von bis zu 60%/70%. „Schuld“ daran sind die deutschen Frauen, die einfach 10 paar Schuhe bestellen und 8 zurückschicken. Angeblich werden Kunden daher auch gesperrt, wenn man eine gewisse Retourenmenge erreicht (so ab der dritten Bestellung). Jedenfalls ist die Retourequote sehr wichtig. Es kostet Porto, Logistik (mehr Lager, mehr Leute, mehr Verpackung), Verlust an Produkten (Fehler, nicht mehr neu, Schrammen), mehr Prozesse (Abwicklung, Kommissionierung) und bindet ungemein viel Geld (Kapitalbindung, weil mehr Schuhe im Umlauf sind als verkauft werden). Wenn man diese Quote also reduziert kann, spart man massiv an Kosten und Kapital. Der ChicChickClub (nennen wir ihn ‚CCC‘, da ich den vollen Namen noch nie schön fand) hat eine Quote, die ist traumhaft. Aber wirklich traumhaft. Da bekommen die Chefs von Zalando feuchte Träume. Und wieso? Beim CCC bekommen die Frauen jeden Monat 15 paar Schuhe empfohlen, die zu einem Styletypen am besten passen. Ein Stylist + ein Algorithmus entscheidet aufgrund des Kaufverhaltens und einiger persönlicher Fragen, welche Schuhe zu empfehlen sind. Jedenfalls kaufen die Frauen die Schuhe und behalten die auch. Umtausch kommt mal vor, aber meistens sind sie einfach super zufrieden.

Dann hat Zalando ein Margenproblem, denn Zalando ist ein Händler. Sie kaufen Schuhe ein und verkaufen sie direkt weiter. Es wird nicht produziert. Das Geld steckt in der eigenen Produktion von Schuhen, wenn man es kann. Besonders Markenschuhe sind teuer und bieten geringere Margen. Und Markenschuhe sind wichtig um Neukunden auf die Seite zu bekommen. Der CCC designed viele seiner Schuhe selber, kann diese produzieren lassen und braucht keine starken Marken. Dies erhöht den Gewinn pro verkauften Schuh. Und nicht zu vergessen, dass Zalando gut 15.000 verschiedene Schuhe in seinem Shop anbietet (Farben, Größen, Modelle), während CCC mit ein paar hundert auskommt. Weniger Auswahl = weniger Kosten für den Anbieter.

Dann sind die Kundengewinnungskosten bei Zalando nicht unwesentlich. Es wird sehr viel Geld für Marketing ausgegeben (TV Spots). Curated Shopping ist da günstiger. Irgendwie kauft man die Kunden so günstig ein, dass wir jedesmal nach einem Reporting überrascht sind. Ich vermute, dass es an dem Produkt liegt, am social marketing und der Verzicht auf die große Schrotflinte der Werbung. Oder die Kunden lieben es einfach (und entziehen sich meiner Logik).

Ich könnte noch ausführlicher auf die Zahlen eingehen, aber darum geht es nicht. Meine These ist einfach, dass Zalando der klassischen Online-Offline Anbieter ist. Was Zalando jetzt macht, das hat der stationäre Schuhhandel die letzten 60 Jahre getan – nur halt offline. Das Geschäftsmodell ist nicht unbedingt innovativ, aber notwendig. Irgendwann wird alles online gekauft und Zalando ist dann das digitale Kaufhaus der Unter und Mittelschicht. Doch curated shopping könnte noch spannender werden. Ob halt der CCC oder modomoto, die Individualisierung von Einkäufen wird immer wichtiger. Leute wollen nicht ein Kunde von vielen sein (Kaufhaus), sondern persönlich bedient werden (Boutique). Geben wir es doch zu, gerne hätten wir die Preise von Kaufhäusern und den Service von Herrenausstattern. Das wäre herrlich, aber in der Realität zu teuer. Im Internet ist es endlich möglich. Aufgrund der vielen Daten und Nutzerverhaltensanalysen, kann ein individuelle Angebot mit wenig technischem Aufwand erstellt werden. Irgendwann kommen wir an den Punkt, dass man nur noch Angebote bekommt, die man mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch relevant findet (Conversion). Dies geht nur, wenn man seinen Kunden kennt. Und der CCC versucht dies. Er lernt über seine Kunden und optimiert das Schuhangebot jedes Mal. Ist doch viel besser als ins Kaufhaus zu gehen, oder?

Und dieser Trend ist an vielen Stellen zu beobachten. Bei modomoto bekommt man ein Paket mit Kleidung, was einem basierend auf Nutzerverhalten und Geschmack zusammen gestellt wurde. Und was kostet es extra? Nichts! Es ist eine Serviceleistung (und Modomoto hat dafür einen Absatzkanal). Trunk Club ist damit bereits in den USA gut unterwegs (ca. 5M Umsatz, average basket size 1500 USD pro Jahr).

Ich glaube, es wird in den nächsten 2 Jahren noch viel mehr Unternehmen geben, die ihren Kunden massgeschneiderte Lösungen anbieten. Algorithmen und Rechenleistung macht es günstig, Exekution umsetzbar und Marktsättigung notwendig. Wenn ihr also Ideen sucht, dann überlegt wie ihr den Kunden noch mehr Service bieten könnt. Und wenn ihr bereits in diesem Bereich aktiv seid – top!

Interessant?