2.500 Businesspläne prüfe ich im Jahr. In wie viele davon investieren wir und wer hat die beste Chance auf Geld?
Über die Qualität von Businessplänen habe ich bereits das ein oder andere Mal geschrieben. Heute wollte ich euch ein paar Zahlen zeigen, wie die Dealauswahl bei uns (und auch den meisten anderen Venture Capital Firmen) so aussieht.
In einem Jahr schauen wir uns ca. 2.500 Startups an. Die Bandbreite ist enorm, von Schülern mit einer Idee bis zu etablierten Unternehmen die jeder kennt. Jedenfalls prüfen wir (primär ich + Analysten) jeden Businessplan, geben jeder Idee eine Chance. Resultierend aus diesen Investmentanfragen haben wir vermutlich Kontakt mit 800 Gründern. Den Rest kann man meisten direkt ausschliessen, weil es nicht unser Investmentfokus ist (Transrapid in Nigeria, Elephantenzucht in Sri Lanka, Schuhhersteller in Süddeutschland), zu früh (nur eine Idee ohne Team und ohne Konzept), zu spät (Kapitalbedarf >10 Millionen) oder einfach doof angestellt. Von den 800 Teams, sprechen wir (die Partner + ich) dann mit vermutlich 200 im laufe des Jahres telefonisch/Skype. Dies sind selten dann nur ein Telefonat, sondern können gut 5-10 Telefonate im Laufe des Prozesses werden und reger Austausch per Email. Zum eigentlich Treffen kommt es vermutlich nur mit 50 Teams im Jahr. Damit meine ich nicht, dass wir Teams auf Events oder Kongressen kennen lernen, sondern klassisches 1on1 Meetings bei uns im Büro oder bei dem Startups vor Ort. Und aus dieser engeren Wahl an Investmentmöglichkeiten, wählen wir dann durchschnittlich eines pro Monat. Mal sind es ein paar mehr oder weniger, aber am Ende des Jahres sind es so 10 – 15 Investments, über die Laufzeit eines Fonds dann ca. 30 Firmen.
Woher kommen die ganzen Businesspläne?
Die meisten Businesspläne kommen ‚kalt‘. Kalt bedeutet für mich, dass wir bisher keinen Kontakt zu dem Startup hatten, Niemanden persönlich kennen, es keine Empfehlung gab oder gemeinsamen Bekannten. Nicht jeder Businessplan ist schlecht, aber die Masse ist enorm. Es gibt manchmal Massenanfragen, wo 20 Investoren angeschrieben werden und diese nichtmal auf bcc gesetzt wurden. 40% der Investmentmöglichkeiten kommen aus dem Netzwerk (nenne ich ‚warm‘). Dies sind befreundete Gründer (mit einem der Partner oder mir befreundet), Freunde von Freunden, Empfehlungen von anderen Investoren, Einladungen zu einem Co-Invest, Empfehlungen von Portfolio-CEOs oder bereits erfolgreiche Unternehmer.
Der kleinste Teil der Ideen kommt ‚extern‘. Ist auch gar nicht so leicht, denn diese Unternehmen wissen meistens gar nichts von uns. Externe Businesspläne sind Startups, die wir aktiv selber ansprechen. Wir mögen die Webseite, die Idee, habe davon gehört oder kennen Leute aus dem Team. Irgendetwas spricht uns an und daher kontaktieren wir die Gründer direkt. Die sind nur ein paar hundert pro Jahr, aber teilweise sehr gute Firmen darunter. Wie finde ich diese Startups? Schwierig, lese manchmal 30 Screening Seiten am Tag, surfe auf hunderten Webseiten um vielleicht ein interessantes Startup zu finden.
Wozu führt dies am Ende?
Auf die letzten Jahre gesehen, haben wir einmal ausgewertet, woher die Startups kamen, in die wir investiert haben. Der größte Anteil mit 58% sind Empfehlungen aus dem Netzwerk. Einige davon kamen von Team Europe, andere von befreundeten Investoren und ein paar befreundete Gründer. Immerhin kommen 39% unserer Portfoliofirmen aus externen Anfragen. Bedeutet diese Startups haben sie eigentlich nie um Geld bemüht. Nennen wir es den idealen Fall: klasse Team mit genialen Produkt was derzeit bootstrapping macht. Unsere Investmenthese ist auch, dass wir am liebsten in Startups investieren, die unser Geld eigentlich nicht bräuchten – aber mit unserem Investment noch schneller wachsen und noch erfolgreicher werden können.
Und was ist die Interpretation des Ganzen?
Es ist wirklich traurig, aber wer uns einen ‚kalten‘ Businessplan schickt, der hat nur eine 0,0072%tige Wahrscheinlichkeit auf eine Finanzierung. Eine Empfehlung hilft da enorm. Die Wahrscheinlichkeit einer Finanzierung steigt um das 80zig fache, wenn man eine Referenz bekommt. Daher ist die Ansprache von Investoren so enorm wichtig. Ja, es sind nur ,6% Annahmequote, aber es gibt auch zahlreiche andere Investoren. Oft passt einfach das Startup nicht in unsere Investmentstrategie oder wir wurden uns nicht einig auf die finalen Konditionen. Es scheitern mehr Verhandlungen als man denkt.
Und wenn wir das Startup ansprechen, dann hat man die höchste Wahrscheinlichkeit auf ein Investment. Auch 1,6% lesen sich als wenig, aber bedeuten immerhin die dreifache Wahrscheinlichkeit auf eine Finanzierung, als wenn man selber aktiv nach Investoren sucht. Sollte jetzt jeder so machen? Vielleicht. Es hängt vom Produkt davon ab. Es gibt Geschäftsmodelle, die kann man gut bootstrappen (besonders SaaS) und es gibt Geschäftsmodelle, die brauchen halt Geld (z.b. eCommerce).
Fazit: Einen Businessplan einfach so einem Investor zu schicken, dass bringt es einfach nicht. Sucht euch einen Bekannten und lasst euch empfehlen. Etwas Arbeit und dafür die 80fache Chance auf Geld! Dies sollte die Arbeit schon wert sein. Und sonst: baut coole Unternehmen und ich bin mir sicher, ein Investor wird euch schon finden.