in Venture Capital

So wählen wir unsere Venture Capital Analysten aus

1800 Worte darüber, wie wir unsere Analysten suchen, auswählen und wer final eingestellt wird. Erkenntnisse aus >300 Bewerbungen, >48 Ländern und >30 Interviews, sowie >150 Fallstudien.

Wie jedes Jahr suchte ich einen neuen Analysten für Asgard (VC Praktikum 2017). Inzwischen bin ich fündig geworden. Da Karriere im Venture Capital einige interessiert (so schaffst du den Einstieg in die VC Industrie), teile ich meine Erfahrungen und Erkenntnisse des Auswahlprozesses. Auch für die nicht-VCs meiner Leser, könnte es unterhaltsam werden.

Nun folgt:

  • Wie gewinne ich Kandidaten?
  • Wer bewirbt sich eigentlich?
  • Wie wählen wir einen Analysten aus?
  • Wer wurde am Ende genommen?

Über AngelList erreicht man die meisten Kandidaten

Intern erstelle ich zuerst ein Jobprofil. Ich definiere, was wir brauchen, welche Aufgaben übernommen werden sollte, zeitlicher & finanzieller Rahmen und was wir anbieten. Daraus entsteht dann eine Stellenanzeige. Ich erkläre möglichen Kandidaten, was er (oder sie) lernen wird, wonach wir suchen und wer wir sind. Wichtig für mich ist es klar zu machen, dass wir Wissen vermitteln. Darum geht es doch? Jemand möchte etwas lernen, besser werden und bietet dafür seine wertvolle Lebenszeit dem Unternehmen an.

Ist der Blogbeitrag erstellt, teile ich diese auf Twitter, Xing, Linkedin und Facebook. Danach schreibe ich die Stelle auf Angelist aus, poste sie in Facebookgruppen und teile sie mit einigen Bekannten. Dazu wähle ich jedes Jahr eine bezahlte Plattform aus: Xing, Gründerszene oder Berlin Startups Jobs. Spoiler: die günstige Plattform (Berlin Startup Jobs) funktioniert besser als die teuren Portale von Gründerszene und Xing.

Venture Capital Jobs sind sehr beliebt

Es freut mich zu sehen, dass jedes Jahr die Anzahl der Bewerbungen um 150 % gestiegen ist (innerhalb der ersten 4 Wochen). Entweder mehr Leute wollen ins VC, oder meine Reichweite steigt.

64 % aller Bewerber kamen über Berlin Startup Jobs sowie AngelList. Da AngelList kostenfrei ist, ist dies wirklich bedeutsam. Ebenso kamen einige Bewerber über diesen Blog, Facebook und durch Empfehlungen. Gründerszene.de, Indeed, Twitter und Google (SEO) sind ebenso nennenswerte Kanäle.

Bewerber aus 48 Ländern

Ich erfreute mich über Kandidaten aus 48 Ländern. Das ist wirklich cool. 15 % der Bewerber kommen aus Deutschland. 10 % der Bewerber sind aus den USA, 10 % aus Indien und 8 % jeweils aus Italien und Frankreich. Ansonsten quer über den Globus verteilt: Burma, China, Israel, Korea, Singapur, Südafrika, Taiwan, Armenien, Brasilien, Ägypten, Ungarn, Japan, Kenia, Kolumbien, Nigeria, Simbabwe, Ukraine oder Tunesien.

Entweder die Bewerber wollten unbedingt nach Berlin (Berlin ist inzwischen mehr als nur Hype) und/oder suchten den Einstieg ins VC Business.

Der (deutsche) Kaufmann

Wie erwartet, haben 61 % aller VC AI Bewerber Betriebswirtschaftslehre studiert. 13 % sind Ingenieure und 6 % Informatiker. Die restlichen % verteilen sich auf Geschichte, Physik, Philosophie, Sport, Literatur, Psychologie, Chemie, Musik, Mode oder Kunst.

Was die Abschlüsse angeht, hält es sich in der Wage. 49 % sind im Bachelor. 49 % sind im Masterstudium (oder beendet). 2 % haben eine Promotion.

20 % der Bewerber haben mehr als 500+ Linkedin Kontakte. Der Mittelwert aller liegt eher bei 219.

Andere Länder – andere Studienkultur

Interessant zu beobachten ist, dass Engländer und Amerikaner oft nur eine Sprache sprechen. Osteuropäer dagegen sprechen meist durchschnittlich 4 Sprachen. Wir Deutsche, Franzosen und Spanier sind bei 2 Sprachen, die wir beherrschen.

Inder studieren wohl gerne Engineering in Indien und wechseln dann für einen Wirtschaftsstudiengang nach Europa. Amerikaner studieren gerne Politik, Liberal Arts, Philosophie. Britische Studenten, sowie Deutsche und Italiener gehen auf die volle Kombi aus BWL im Bachelor und erneut BWL im Master.

Soviel zum Profil derer, die sich bewerben (einige Hundert). Doch wie wählen wir nun den geeigneten Kandidaten aus?

Wieso möchtest du mit uns arbeiten?

Zuerst sammle ich die Profile in einer kleinen Datenbank (Linkedin, Wohnort, Sprachen, Nationalität, Ausbildung). Da fliegen schon einmal einige raus, weil sie nicht lesen können. Man bekommt Word Dokumente statt PDFs; da wird die Ausschreibung nicht gelesen oder es ist ein Serienanschreiben.

Ganz wichtig ist auch die Motivation. Man erkennt eindeutig, wer unbedingt für Asgard – human VC for AI arbeiten möchte und wem es eigentlich egal ist – Hauptsache Venture Capital. Besonders oft fällt mir auf, dass Bewerber gerne von sich selber sprechen. Viel zu selten wird geschrieben, was man für das Unternehmen machen kann.

Würdest du dich hochladen?

Im nächsten Auswahlschritt bekommt die Kandidaten von mir eine PDF mit vier Fragen (Fragen für die 2017er Stelle). Es gibt keine zeitliche Vorgabe, wann ich die Antwort erwarte. Natürlich messe ich die Dauer trotzdem.

Die erste Frage ist oft fachlich:

  • Bitte bewerte eine bestimmte Firma anhand gegebener Kriterien.
  • Schlage uns einige KI-Firmen vor, die wir uns näher ansehen sollten.

Ziel ist es zu sehen, wie analytisch die Person arbeitet und ein gutes Händchen für Startups hat.

Die zweite Frage ist eher konzeptionell.

  • Wie würdest du neue Investoren (LPs) für Asgard gewinnen?
  • Bitte empfehle uns Redner für unsere KI-Konferenz Rise of AI.

Hier prüfen wir, wie methodisch die Person vorgeht.

Als drittes frage ich dann etwas persönliches:

  • Welche SciFi Literatur hat dich am meisten beeinflusst?
  • Welche ScfiFi Filme und Serien magst du?

Diese Fragen zielen darauf ab, ob wir kulturell auf einer Ebene sind. Zudem kann ich so meine Leseliste erweitern.

Die letzte Frage wäre:

  • Würdest du dich hochladen (uploading)?
  • Welche Jobs werden demnächst von Maschinen verdrängt?

Diese Fragen haben kein richtig oder falsch. Viel mehr möchte ich wissen, wie die Person argumentiert. Total spannend zu lesen. 1/3 aller Bewerber würden sich hochladen. 1/3 ist dagegen und ein weiteres Drittel ist unentschlossen. Nur eine Person hat je geschrieben, dass sie sich bereits hochlädt. Fand ich super die Antwort. Gab direkt eine Einladung zum Interview.

41 % aller Bewerber melden sich nie wieder

Da ich keine zeitliche Frist vorgeben, kommen die Antworten recht verteilt. Manche sind super schnell und ich habe 2 Stunden später eine Email zurück. Andere brauchen auch mal gerne 25 Tage. Der Mittelwert sind 5 Tage und die besten Ergebnisse liegen zwischen 3 und 7 Tagen. Wer länger und kürzer gebraucht hat, liefert oft unterdurchschnittlich ab.

Die Bewerber finden die Fragen super. Ich kriege einige Dankschreiben dafür, dass der Prozess total anders sei, spannend und anregend.

Auch stelle ich fest, dass ich Design mag. Design sells content. Wer etwas Liebe in die Optik steckt, der hatte bei uns deutlich bessere Chancen.

Übrigens 41 % aller Bewerber melden sich nie wieder. Ist schon heftig. Wieso bewerben diese sich dann?

Ansonsten stellte ich fest, dass es zwischen Studium, Linkedin-Kontakten und der Antworten auf die Fragen keine Korrelation gibt. Man sieht Niemanden vorher an, wie gut er/sie schreiben wird.

Wer bist du? Was machst du?

Nachdem mir ein Kandidat seine Antworten geschickt habe, lesen wir diese und bewerten sie nach fixen Kriterien (Dauer, Länge, Qualität, Mehrwert, Design, Analytik, Kreativität, usw.).

Wir trennen die Antworten von dem Profil, heißt wir schauen uns die Antworten an ohne darauf zu achten, wer diese geschrieben hat. Erst anschließend vergleichen wir die Bewertung der Antworten mit dem Lebenslauf. Daraufhin laden wir die vielversprechendsten Personen für Interviews ein.

Interviews führe ich persönlich in Berlin oder via Video-Skype. Das Ziel ist es, die Person besser kennen zu lernen. Einen „Cultur Fit“ zu finden. Gleichzeitig möge der Bewerber auch mehr über uns lernen. Am Ende müssen beide Seiten miteinander arbeiten wollen.

Was ist dein ehrgeiziges 10 Jahres Ziel?

Anfangs lasse ich den Kandidaten etwas übers sich erzählen. Mich interessiert, ob er/sie Erfahrung im Venture Capital und Startups haben. Ebenso ist mir wichtig zu verstehen, woher die Motivation kommt für Asgard zu arbeiten. Erneut fallen gerade bezüglich der Motivation die Antworten oft sehr schwach aus. Hier ragen Leute mit klarer Motivation deutlich hervor – und es gibt sie.

Ich frage gerne, was bisher der größte Erfolg im Leben des Kandidaten sei. Danach frage ich, was die größte Niederlage sei und was der Kandidat daraus gelernt hat. Die erinnerungswürdigste Antwort bisher war „ich habe mich endlich scheiden lassen“. Schlechte Antworten gehen in die Richtung „ich bin durch eine Klausur gefallen“. Je persönlicher die Antwort, desto wertvoller. Floskeln schrecken mich nur ab. Ich möchte verstehen, was für ein Mensch du bist.

Erkenntnisreich ist ebenso die Frage nach dem 10 Jahres Ziel. Gerade jüngere Bewerber straucheln und wissen mit Anfang 20 selten, wohin die Reise gehen. Die Standardantwort ist „mein eigenes Startup haben“ oder „bei einem VC arbeiten“. Sicherlich löbliche Antworten, doch selten kaufe ich dies so ab.

Am Ende sollte der Kandidat dann eigene Fragen an mich stellen. Einige sind da sehr gut vorbereitet und stellen exzellente Fragen – andere nicht.

Wenn mir Jemand gefällt, mache ich sofort ein Angebot

Manchmal macht es im Interview klick. Da weiß ich einfach, dass ich mit dieser Person arbeiten möchte. Dann gibt es innerhalb von 24 Stunden ein schriftliches Angebot (was wir anbieten, was wir erwarten, grundlegendes).

Mir ist auch wichtig, dass ich jedem Bewerber persönlich absage. Ich gebe dann Feedback auf das Interview, die Case-Antworten und ebenso empfehle ich befreundete VCs, wo man sich alternativ bewerben kann.

Unsere Analysten sind das Gegenteil von mir

Wen haben wir in den letzten 3 Jahren angestellt? Nun es waren zwei Frauen und ein Mann. Alle wohnten bereits (vorrübergehend) in Berlin. Sie haben jeweils zwischen 4 und 6 Tagen für die Case-Antworten gebraucht. Bei allen war das Design der Antworten gut bis perfekt.

Zwei Analysten hatten 500+ Linkedin Kontakte, einer (oder eine) nur 67.

Sie kamen aus Korea, Singapur und Norwegen.

Und keiner der Analysten kam über eine Stellenanzeige. Interessanterweise kamen zwei über Twitter auf mich zu. Es stellte sich heraus, dass ein Analyst unserer Firma (Asgard und meiner Konferenz Rise of AI) bereits länger folgte. Das ist der Idealfall.

Da ich regelmäßig Feedbackgespräche führe, weiß ich, was gut lief und wo es auch auf meiner Seite Verbesserungsbedarf gibt. Alle Analysten waren dankbar, für die Unmenge an Deals, die ich ihnen zeigten. Ebenso waren sie dankbar für die Verantwortung die ich ihnen gab, die Einsichten in Entscheidungen und Strukturen.

Unsere Analysten lernten, wie man gute von schlechten Deals unterscheidet. Sie vertieften ihr Verständnis für Märkte und Trends.

Gleichzeitig wurde mir nachgesagt, dass ich etwas zu wenig im Büro sei. Ja, da bin ich schuldig. Meine Frau äußerte auch bereits, ich sei zu selten zu Hause.

Alle meine Analysten kämpften übrigens mit der Freiheit, die ich ihnen gab. Ich gebe keine festen Arbeitszeiten vor. Ich gebe selten Deadlines. Ich übe wenig Druck aus, sondern erwarte Eigenantrieb, Eigenmotivation und Disziplin. Selbstmanagement ist wichtig, doch braucht auch einige Zeit dies zu lernen.

Finde deine Leidenschaft!

Was ist mein Fazit und die Erkenntnisse die ich mir dir teilen möchte?

  1. Ich suche nicht nach einer Kopie von mir (blond, blaue Augen, weiß, Deutsch, BWLer). Stattdessen weiß ich Diversität im Team sehr zu schätzen, denn eine andere Perspektive ist im VC-Geschäft wertvoll.
  2. Ich gebe Jedem eine Chance, auch ungewöhnlichen Profilen. Jemanden eine Chance zu geben wird oft mit höhrer Motivation erwidert. Denke nie, du seiest nicht ausreichend qualifiziert. Probiere es trotzdem.
  3. Motivation ist Einstellungskriterium Nummer 1 für mich. Wer keine Leidenschaft hat, der tut sich schwer im Leben.
  4. Case-Fragen zu stellen ist ein super Prozess für beide Seiten.
  5. Findest du eine Firma oder ein Unternehmer toll? Dann folge ihm/ihr und warte auf deine Gelegenheit.
Interessant?